Kliauea

Wanderung zum PuuOo-Krater

Kilauea

Ich heirate Yvonne 2013 an einem traumhaften Tag im August und eine Woche später sind wir in unseren Flitterwochen erneut auf der Inselkette unterwegs. Ich buche die Flüge sehr kurzfristig, um eine reale Chance auf aktive Lava zu haben. Wie schon letztes Jahr bin ich recht deprimiert, als ich auf der Webseite der Observatoriums als auch auf dem täglichen Blog der Kalapana Cultural Tours sehe, dass die Aktivität weniger wird. Die leicht zugänglichen Ocean Entries an der Küste, die man in gut einer Stunde erreichen kann, sind 5 Tage vor unserer Ankunft inaktiv.

Geheimnis PuuOo-Krater

Einzig die Lavaströme nördlich des PuuOo-Kraters fließen unaufhörlich. Dieser Weg durch Regenwald, der direkt zum Krater führt, war mir bisher verschlossen. Ich hatte vor Jahren einen Film eines französischen Vulkanforschers gesehen, der mit einigen Studenten eben diesen Weg gewandert ist, um dann dem aktiven Krater von Angesicht zu Angesicht gegenüber zu stehen. Seit diesem Film lässt mich die Vorstellung und das dringende Verlangen, ihm das nachzutun, nicht mehr los. Im Internet findet sich dazu kaum etwas, so bestelle ich mir „The ultimate guidebook of Big Island“, in der Hoffnung, dort etwas über diesen Wanderweg zu finden. Aufgeregt blättere ich im neuen Reiseführer und finde eine ganze Seite mit Karte über den „Rainforest to PuuOo-Hike“. Ich bin also meinem Ziel ein Stückchen näher gekommen. Trotzdem stellt sich ein mulmiges Gefühl ein, da ich erstens nicht weiß, ob ich mich in dieses Terrain begeben will, zweitens weil ich mit meiner frisch verheirateten Frau unterwegs bin, die bisher meine Leidenschaft für Vulkane nicht wirklich teilen kann. Ob ich von ihr verlangen kann, sich diesen Strapazen und Anstrengungen auszusetzen, nur um meine Sehnsüchte zu befriedigen?

Wanderung durch endlosen Regenwald

Ich habe es mir trotzdem schwer vorgenommen, dieses Abenteuer in Angriff zu nehmen und so stehen wir dann eines Morgens um 7.00 auf einem kleinen Schotterparkplatz und laufen los, völlig unwissend, was uns wohl erwarten wird. Schließlich ist der Hike im Reiseführer als relativ schwierig und matschig beschrieben. „This hike is not for wimps“ scherzen die Autoren. Außerdem soll man gerne die Orientierung verlieren. Speziell im Gebiet des riesigen Lavafeldes, sind mehrfach Touristen verlorengegangen. Sie haben den Eingang in den Regenwald nicht mehr gefunden, von dem sie gekommen waren und mussten schließlich nachts per Hubschrauber gerettet werden. Wir haben also genug kleine Mülltüten mitgenommen, um unseren Weg an Bäumen zu kennzeichnen. Doch schon beim Loslaufen stellen wir mit großer Freude fest, dass alle 20 Meter ein buntes Fähnchen an einem der Bäume hängt. Also alles halb so wild. Da dürfte man sogar bei Dunkelheit wieder sicher ankommen. Der Regenwald an sich ist traumhaft. Ein schmaler Pfad führt durch üppiges Grün, wie man es nur selten sieht. Und eine Stille, die seinesgleichen sucht, die nur durch melodiöses Vogelgezwitscher gestört wird. Immer wieder auftretendes Rascheln im Regenwald lässt mich innehalten. Waren hier doch gestern Wilderer mit ihren Jagdhunden unterwegs um den Radius der Wildschweine zu verringern. Yvonne redet mir aber gut zu, dass Wildschweine unseren Weg nicht kreuzen werden. Allmählich wird der Regenwald etwas lichter und die Hubschrauber-Geräusche der Touristen-Flüge nehmen zu. Bald müsste der im Reiseführer erwähnte „Big Crack“ vor uns liegen, eine Spalte, die durch ein Erdbeben verursacht wurde. 10 Minuten später soll man dann im Lavafeld stehen, in 1,5 km sicherer Entfernung vom PuuOoo. Der „Big Crack“ erweist sich als ziemlich harmlos, hat man ihn doch mit einem großen Schritt überwunden.

PuuOo-Krater

Ich kann es kaum fassen, dass ich direkt vor meinem Krater stehe und meine Euphorie steigt, in wenigen Augenblicken eventuell flüssige Lava sehen zu können. Links auf dem Krater entdecke ich einen sogenannten Spatter Cone, einen Schweißschlackenkegel, der die unterirdische Lava-Tube füttert. Von diesem Kegel aus sieht man eine Rauchsäule, die die Richtung der fließenden Lava zeigt. Yvonne schaut mich mit großen Augen an, glaubt sie doch nicht im Ernst, dass wir unseren sicheren Aussichtsplatz verlassen und uns in gefährlicheres Gebiet wagen wollen. Ich bin fest entschlossen und lasse Yvonne mit einem schlechten Gewissen zurück. Ich verspreche ihr, in 20 Minuten zurück zu sein, brauche aber länger als vermutet. Auf einem Lavafeld mit verbrannten und umgefallenen Bäumen kommt man nicht voran.

Die lauten Hubschrauber über mir weisen mir den Weg. Es kann nicht mehr weit sein. Ich biege um ein von der Lava verschontes Stück Regenwald und habe das Naturspektakel direkt vor mir. Ein Fest für die Sinne. Es riecht verbrannt, es knistert, die Hitze, die von unten her strömt, wird wärmer und wärmer, je weiter ich mich dem Rauch des brennenden Gestrüpps nähere. Das ganze Gebiet lässt sich nicht scharf fotografieren, da ein Hitzeflimmern in der Luft liegt. Ich bin außer Sichtweite von Yvonne, was wird sie sich jetzt Sorgen um mich machen. Ich überlege umzudrehen, muss aber schwer gegen meine Faszination ankämpfen, das zerstörte Gebiet weiter zu erkunden. Da höre ich einige 100 Meter hinter mir ein wohlbekanntes Pfeifen. Meine Frau ist mir gefolgt und winkt mir grinsend zu. Wie schön.

Flüssige Lava am PuuOo-Krater

Ich wage mich weiter vor und erklimme einen kleinen Lavahügel. Über mir kreisen die Hubschrauber mit Touristen. Was die wohl von uns denken müssen auf Ihren sicheren Plätzen? Die haben uns mit Sicherheit für verrückt erklärt. Haben sie vielleicht nicht ganz unrecht. Dummerweise kann man in der Mittagssonne flüssige Lava nicht erkennen. Sie schimmert mehr silbig als rot. Auch kann man in diesem Licht nicht sehen, wie alt diese silbrige Lava ist. Bis Lava vollständig erkaltet ist, kann es mehrere Wochen oder sogar Monate dauern. Ich verlasse mich also auf meinen sechsten Sinn. Wie sich in den nächsten Minuten herausstellt, auch das einzig Richtige in dieser ungewohnten Situation…

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