
Am Nachmittag mache ich mich auf den Weg zum Ende der Straße und fotografiere noch schnell das Kalapana Village Café. Man sagt mir, dass ich alleine nicht laufen darf, weil ich mich auf Privatgelände befinde. Gar nicht wahr. Die wollen nur Geld verdienen. Etwas gelangweilt laufe ich los, da ich keine großen Hoffnungen habe, heute mehr zu sehen als sonst.
Dann treffe ich 5 Meter vom Ocean Entry 2 Franzosen und eine Amerikanerin. Der ältere der Franzosen stellt sich als Alain Gerente vor und sagt, wo ich hintreten darf und wo nicht. Ich weiß nicht so recht, ob er nur ein Möchtegern-Forscher ist wie ich, oder ob er wirklich was taugt. Dann stellt sich nach und nach heraus, dass er ein französischer Vulkanforscher ist, der viele Filme für ARTE gedreht hat. Ich bin begeistert. Der jüngere ist sein Neffe und die Amerikanerin ist Krankenschwester in Hilo, weil ihr Vater als Ranger im Nationalpark arbeitet. Was bin ich für ein Glückskind. Bin also in bester und sicherster Gesellschaft.
Direkt vor mir habe ich heute einen fantastischen Blick auf den Lavastrom, der sich mit 25 km/h in den Pazifik ergießt. Alain schlendert übers heiße Lavafeld, als wäre das das Normalste der Welt. Ist es für ihn wohl auch. Ist schließlich sein Job. Er winkt mich eilig herüber und ich schlender ihm hinterher. Direkt am unterirdischen Lavakanal vorbei oder darüber hinweg. Genau weiß ich das nicht, aber irgendwo muss die Lava ja herkommen. Ich fühle mich komischerweise völlig sicher in seiner Gegenwart. Dann entdecke ich einen silbrig schimmernden Lavastrom an der Oberfläche. Meine Euphorie steigt und dann bin ich am Ziel meines Traumes, den ich seit 4 Jahren träume. Wir haben einen Paoheohe-Strom gefunden. Ich kann mein Glück nicht fassen. Die anderen gesellen sich zu uns und wir stehen auf einem kleinen schwarzen Sandstrand und beobachten, wie sich die Lava langsam und gemächlich auf uns zu bewegt. Nicht schneller als eine Schnecke, aber mit ungeheurer Präzision und der Absicht, alles zu zerstören, was ihr im Weg liegt. Die Lava sieht aus wie ein Kuhfladen, erkaltet, wird schwarz, um dann einige Minuten später wieder mit einem geheimnisvollen Knistern aufzubrechen. Ich hoffe, ich kann diese unglaubliche Energie aus dem Erdinneren mit nach Hause nehmen.

Alain sagt, dass die Lava sich nach links bewegen wird, Richtung Meer. 5 Minuten später tut sie das tatsächlich. Der Mann ist tatsächlich eine Koryphäe. Wir fühlen sie, wir riechen sie, wir hören sie, wir sehen sie. Ein Fest für die Sinne. So sollte Marketing sein. Dazu packe ich Zigaretten und Bierchen aus. Was ein fantastisches Erlebnis. Ein kühles Helles am Lavastrom. „Real German“ sagt der Neffe lachend, freut sich aber ungemein, als ich mein Bier in der Runde rumgehen lasse…
